Unser Gildevogel
Das meiste Brauchtum rankte sich auch in der Preetzer Schützengilde um das Vogelschießen, das durch die Kombination mit dem „Gilde-Halten“ allmählich im Lauf der Jahrhunderte in den Vordergrund trat und dabei auch neue Sitten entwickelte. Nur der Vogel, nach dem man schoss, blieb lange von gleicher Art. Noch 1805 wünschte man den „Eißernen“ beizubehalten, dessen Rumpf aus Holz war, die Gewinnteile Kopf, Flügel und Schwanz bestanden aus Eisen. Beim Lustvogelschießen der Gesellen benutzte man schon Ende des Jahrhunderts den senkrecht stehenden „sächsischen Vogel“ ganz aus Holz. Für den schweren eisenbeschlagenen Vogel der Gilde gebrauchte man großkalibrige Büchsen, bei denen drei Kugeln ein Pfund wogen, ab 1748 kleinere mit sechs Kugeln je Pfund. Wie in allen Gilden gab es eine Reihe von Sicherheitsvorschriften für den Umgang mit den Büchsen.
Das Richten des Gildevogels geschah unter Mithilfe von 16 Gildebrüdern, ab 1785 brachte ein Zimmermeister allein mit seinen Gehilfen „den Vogel zum Baum“ und baute ihn für entsprechendes Entgelt auch wieder ab. Beim Schießen um Königswürde und Gewinne gab es für den König einen Silberbecher, seit 1769 für den gleichen Betrag einen großen Silberlöffel, für den Abschuss der übrigen vier Gewinne je einen Silberlöffel. Wer nur für ein „Witwen- oder Nebenhaus“ eingeschrieben war, hatte „keinen antheil an den Schüßen“ und zahlte bei der Umlage zum Fest auch nur die Hälfte. Zu gelegentlichen Unstimmigkeiten kam es, wenn der Vogel zu „schwach“ oder zu „stark“ gearbeitet war, wenn jemand ein „zu großes“ Gewehr benutzte oder Gewinne streitig machte. Zumeist einigte man sich gütlich, so dass nur selten der Probst als Obrigkeit eingreifen musste. Ihm standen seit Alters die ersten drei Schüsse zu, sie wurden aber fast immer vom Unterprobst als seinem Stellvertreter abgegeben. Jeder Schütze hatte nach Aufruf seiner Nummer drei Schüsse hintereinander, von denen er zwei für andere Mitglieder abgeben konnte. „Die Königschafft“ wurde häufig durch einen gewandten Schützen im Auftrag für einen daran interessierten Gildebruder erzielt.
1872 wurde zum letzten Mal auf einen eisernen Vogel geschossen. Da es an zwei aufeinanderfolgenden Tagen nicht gelang, den Vogel abzuschießen, mußten die letzten Trophäen verlost werden. Nach diesem Vorfall beschloss die Gilde, zukünftig auf einen kleineren Vogel zu schießen.
Seit 1873 wird in der Preetzer Schützengilde auf den sogenannten „sächsischen“ Vogel geschossen, der außer Rumpf, Kopf, zwei Beinen, zwei Flügeln und Schwanz noch mit Zepter, Reichsapfel, Krone, Schnabel, 4 Fahnen und 8 Flattern versehen ist. Die heutigen Gewinne sind die Schöpfkelle für den König, Esslöffel für die großen und Kaffeelöffel für die kleinen Trophäen. Das Material ist immer noch Silber.